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R.J.Kirsch, SCHEMEN, Installation OBERWELT, Stuttgart 2020


Moholy nicht nur für Arme

In einem ca. 30qm großen Raum abgedunkelten hängt in der Mitte ein Objekt, das von drei auf einem Sockel ruhenden Taschenlampen bestrahlt einen wandfüllenden Schatten wirft. Dieses Schattenbild besteht aus vielen starkfarbigen Segmenten, die korrespondierend zu der sanften Drehung des Objektes ständig ineinanderfließen. Dem kunsthistorisch bewanderten Betrachter kommt das Ganze natürlich bekannt vor: Da war doch was? Ja sicher, Laszlo Moholy-Nagy (gesprochen nodsch). Der hatte bereits Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts seinen Licht-Raum-Modulator präsentiert, eine drehbare Skulptur, deren Schatten und Reflektionen im Scheinwerferlicht den Raum illuminieren. Und tatsächlich, auf diesen Licht-Raum-Modulator befragt, bemerkt Kirsch, das er sozusagen mit dieser Arbeit aufgewachsen ist, im Kaiser-Wilhelm Museum in Krefeld, wo er seine Schulzeit verbrachte und bei Besuchen des Museums regelmäßig den Moholy Raum begehen konnte. So wundert es eigentlich nicht, das es in seinem Kölner Atelier ein wenig so aussieht, als sei ihm der Moholy sozusagen in Knochen gefahren. Überall stehen seine Skulpturen, die er wie Moholy ebenfalls Requisiten nennt, Lichtapparate, Fotogrammserien, Präsentationsstative, um nur einige Utensilien seiner Installationsarbeit zu nen- nen.

Aber Halt! Ähnlich ist nicht das Gleiche. Es gibt Unter- schiede in der Arbeit, auffällige sogar: Wo Moholys Licht- requisit mit ihrem geometrisierten Formenkanon den Geist der Moderne beschwört, Lochbleche und rechte Winkel die Maschinenästhetik seiner Epoche thematisieren , da sind Kirschs Skulpturen das Nachher zum Vorher, bleiben von der geometrisch exakten Maschinenhaftigkeit nur noch zerfetzte Fragmente, erinnern sie teilweise an ausge- brannte Wracks. Und während Moholys motorbetriebene Mechanik zumindest in der erst kürzlich zum Bauhausjahr fertiggestellten Rekonstruktion munter vor sich hin rattert, bewegen sich Kirsch Requisiten lautlos zum Luftstrom, der vom vorbeilaufenden Publikum ausgelöst wird. Moholys wie auch Kirschs Schattenprojektionen betonen den räumlichen Kontext, doch die Schattenbildsequenzen von Kirsch sind von einer virtuellen Bildhaftigkeit bestimmt, wie man sie auch aus dreidimensionalen Computeranimation kennt.

Dabei kann Kirschs Installation ohne große Umstände im kunstinteressierten Haushalt aufgestellt werden. Ein Stativ für das aus drei verschiedenfarbigen LEDs bestehen- de Lichgerät und ein Faden, an dem das Requisit hängt. Und im sanften Streulicht der Schattenprojektion an der Wand dämmert es einem dann erneut: Da war doch noch was? Stimmt: Höhlengleichnis statt Kaminfeuer!

R.J.KIRSCH
Installation SCHEMEN
verschiedenene Materialen, Heißkleber, LED